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Wahlen Wien 2010 – Die Grünen Mariahilf

Die Grünen Mariahilf – Antwort von Frau Susanne Jerusalem, Spitzenkandidatin der Grünen Mariahilf und Gemeinderätin

Welche konkreten Ideen, Überlegungen bzw. Standpunkte gibt es seitens Ihrer Partei zu folgenden Themen?

1. Umfassende BürgerInnenbeteiligung, die bereits im Planungsstadium von kommunalen Projekten einsetzt.
BürgerInnenbeteiligung muss vor Abschluss der Planungen einsetzen. Und so soll es sein: Es geht los mit einer umfassenden Information, die objektiv über den Sachverhalt, sowie die Folgen möglicher Szenarien aufklärt. Für die BürgerInnen muss die Möglichkeit bestehen, zusätzliche Fragen zu stellen. Für die Beantwortung sind Fachleute hinzuzuziehen. Bei der Auswahl der Fachleute haben die BürgerInnen ein Vorschlagsrecht, eine eventuelle Finanzierung von Fachleuten muss die Stadt übernehmen. Nach der Information hat eine moderierte Diskussion stattzufinden, die immer noch Teil der Meinungsbildung ist. Für den Meinungsfindungsprozess ist ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen. Der Text der Befragung muss eindeutig und allgemein verständlich sein. Er darf keine neuen Fragen aufwerfen oder verunsichern. Das Ergebnis soll bindend sein. Alibiaktionen, die stattfinden, obwohl hinter verschlossener Türe längst alles beschlossen worden ist, haben mit echter BürgerInnenbeteiligung nichts zu tun.

2. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Ziele der BürgerInnen-Initiativen Mariahilfer Ruhe- und Therapiepark und Gedenken an die ehemalige Mariahilfer Synagoge. zu unterstützen?
Die Grünen unterstützen beide BürgerInneninitiativen. Die Idee des Ruhe und Therapieparks ist ausgezeichnet. Gerade in einem Bezirk, der viel zu wenig Grünflächen hat, muss darauf geachtet werden, dass es auch „Orte der Stille“ gibt. Diese zu kennzeichnen ist selbstverständlich. Das Problem des Grünmangels ist sicher nicht dadurch zu lösen, dass man Konflikte schürt. Es gibt Erweiterungsmöglichkeiten für Grünflächen, Freiräume und Sport und diese sollten systematisch aufgegriffen werden. Gerade alte Menschen würden von den Grünen Vorschlägen stark profitieren, da mehr Platz vorhanden wäre und der Dichtestress abnehmen würde.
Als ich das Eck, wo der Mariahilfer Synagoge „gedacht“ wird zum ersten Mal gesehen habe, war ich fassungslos. Ein Urinal für Mensch und Hund und eine schwer lesbare Tafel, die den Begriff Reichskristallnacht verwendet. Unfassbar! Mein Team und ich waren gemeinsam dort und einer Meinung, dass das so nicht bleiben darf. Auch mit einer neuen Tafel an derselben Stelle ist es sicher nicht getan. Gemeinsam mit der Bürgerinitiative sollte der Bezirk eine würdige Erinnerung entwerfen. Mein Vorschlag wäre, in die Planungen die jüdische Vergangenheit des Bezirks, das Leben der jüdischen Menschen miteinzubeziehen und aus dem Vergessen zu holen. Gleich ums Eck befindet sich das Hitlerhaus, vielleicht wäre es sinnvoll auch dieses Haus einzubeziehen. Den Menschen, die heute in dieser Gegend leben oder in die Schule gehen, sollte der Blick in die Vergangenheit gegeben werden. Vielleicht ist es möglich, SchülerInnen an der Recherchearbeit und Entwicklung einer neuen Gedenkstätte zu beteiligen. Ich würde gerne mitarbeiten, so das von Seiten der BürgerInneninitiative gewünscht wird.

3. Integration und Kommunikation:
a) Integration von MariahilferInnen mit Migrationshintergrund;
b) Förderung der Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen.

Zu diesem Thema gibt es viel zu sagen, daher werde ich nur zwei Punkte hervorheben. Die Schule spielt bei der Integration eine sehr große Rolle. Leider hat sich herausgestellt, dass die Ethnien vorwiegend untereinander bleiben. Projekte und Ideen, die es schaffen, zum Miteinander zu motivieren gibt es, man müsste sie nur im Rahmen des Interkulturellen Lernens auch tatsächlich einsetzen. Die Umsetzung des Vorschlags der freiheitlichen Partei, Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können nicht einzuschulen, sondern in eigene Vorschulklassen zu stecken, ist desintegrativ, stigmatisierend und stellt einen Rechtsbruch dar, da Sprachkenntnisse nicht zu jenen Kriterien gehören, die die Schulreife unterbinden. Die Grünen gehen immer den integrativen Weg. Wir fordern: 2 Jahre Kindergarten , das würde das Sprachproblem integrativ und spielerisch lösen. Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, sind die hohen Kosten für Deutschkurse. Es ist wichtig, dass alle, die in Wien sesshaft sind, gut Deutsch können, aber die Kurse sind so teuer, dass es sich viele nicht leisten können. Es wäre im gesellschaftlichen Interesse leistbare, einkommensgestaffelte Kurse anzubieten. Die Hetze der FPÖ gegen Muslime prägt das zwischenmenschliche Klima. Dem muss man sich entschieden entgegenstellen. Als Bezirksvorsteherin kann man viel tun, um das Miteinander zu fördern.

4. Außerschulische Angebote für Kinder und Jugendliche, die über das derzeitige Programm hinausgehen.
Angebote gibt es eine Menge, aber viele Eltern können es sich gar nicht leisten, sie anzunehmen, da sie nicht kostenlos sind. Die Lebenshaltungskosten sind gestiegen, die Zahl der einkommensschwachen Familien ebenso, alleinerziehende Menschen oder große Familien, wissen oft gar nicht, wie sich das alles ausgehen soll. Die größte Hilfe wäre mit Sicherheit eine qualitativ hochwertige kostenfreie ganztägige Schule. Die Öffnung der Sportplätze der Schulen an allen Schulschließtagen wäre ein großer Gewinn an Freiraum. Überhaupt stellt das Zusperren der Schulen nach dem Unterricht einen enormen Raumverlust dar. Mit etwas mehr Kreativität könnten hier außerhalb der Unterrichtszeit Schulbands agieren oder Theaterstücke geprobt werden usw. Die Haftungsfrage kann gelöst werden, wie ja vereinzelte Beispiele unter dem Titel „Mehrfachnutzung“ zeigen. Mariahilf hat diesbezüglich viel Handlungsbedarf. Derartige Veränderungen müssen gut geplant werden und benötigen bei der Umsetzung ein bisschen Grips, aber es geht!

5. Konfliktbewältigung und Stärkung sozialer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen:
a) im außerschulischen Bereich (z.B. in Parks);
b) in den Schulen – Mediation / SozialbetreuerInnen in Schulen.

Hier wird ein großes Thema aufgemacht, mit dem ich mich als Bildungssprecherin der Wiener Grünen viel beschäftigt habe. Das „Projekt Soziales Lernen“ hat sich an den Schulen trotz großer Erfolge nicht durchgesetzt. Das Interkulturelle Lernen sowie ein sehr gutes Projekt von Dr. Christiane Spiel, das sich zum Ziel setzt Freundschaften zwischen den Ethnien zu knüpfen, die ja leider vornehmlich unter sich bleiben, köchelt ebenfalls nur auf sehr kleiner Flamme. Nur bei Fällen von Gewalt gibt es von Seiten der Politik große Ankündigungen, die nach Abklingen der Medienaufregung wieder in der Schublade verschwinden. Leider hat der 6. Bezirk nicht einmal Ansätze von Schulsozialarbeit und Schulmediation (andere Bezirke haben das schon) In der kommenden Legislaturperiode sollten zumindest diese beiden Angebote umgesetzt werden. Wäre ich Bezirksvorsteherin würde ich mich um diesen Bereich speziell kümmern, obwohl er größtenteils Angelegenheit von Gemeinderat bzw. Stadtschulrat ist. Eine Bezirksvorsteherin kann aber natürlich überall mitmischen.

8. Schaffung von zusätzlichem Grünraum in Mariahilf.
Grün- und Freiraum ist im 6. äußerst knapp. Die durchschnittliche Grünfläche pro EinwohnerIn in Mariahilf beträgt 1,4 Quadratmeter, ein Freilandhuhn hat 4 Quadratmeter. Jeder neue Baum ist ein Ereignis. Wir müssen daher über neue Möglichkeiten nachdenken, um die Zukunft grüner zu gestalten. Zum Beispiel öffentlich begehbare begrünte Dachterrassen, so würde etwa ein Park am Parkhaus Windmühlgasse 2000 Quadratmeter Grünoase bringen. Wenn Steuergelder in Bauten hineinfließen, sollte dafür für die Bevölkerung wieder etwas herausspringen! Fassadenbegrünung bringt viel, das kann man an einigen Orten des Bezirks sehen und spüren, der Anblick tut gut und die Maßnahme ist spottbillig. Ein großes Projekt für Mariahilf wäre die Renaturierung der Wien. Mariahilf liegt am Wasser! Das ist eines der 13 großen Stadtplanungsprojekte, das den MariahilferInnen viel Lebensqualität bringen würde. Leider geht nichts weiter, weil rote BezirksvorsteherInnen dem roten Bürgermeister nicht auf die Zehen steigen dürfen. Wir gehen mit der Forderung „Mehr Grün – weniger Durchzugsverkehr“ in diesen Wahlkampf, Sie finden daher eine ganze Menge zu diesem Thema in unserer Zeitung, die Mitte September erscheint und auch auf unserer Homepage zu lesen sein wird

9. Revitalisierung der strukturschwachen äußeren Gumpendorferstraße.
Leere Geschäfte vermitteln mit ihren verschmutzten und teilweise zuplakatierten Auslagen einen trostlosen Anblick. Darüberhinaus fehlen wichtige Angebote für die BewohnerInnen. Gleichzeitig sind aber viele Selbständige und Freiberufler auf der Suche nach einem Lokal. Das Problem ist, dass die Mieten zu hoch sind. Dieses Problem tritt Wien weit in vielen ehemaligen Einkaufsstraßen auf und sollte dringend gelöst werden. Wir schlagen daher vor, dass eine Agentur gegründet wird, die als Art Börse fungiert und Mietverträge für Kleinstunternehmer abschließt, Rechtsberatung anbietet und bei der Organisation von Bürogemeinschaften hilft. Deutsche Pilotmodelle zeitigen mittlerweile Erfolge und man könnte dieses Modell in Wien übernehmen. Die Gumpendorferstraße würde zu neuem Leben erblühen. Es könnten davon alle profitieren, die BewohnerInnen, die kleinen Unternehmen und die EigentümerInnen, deren Flächen sonst ohnehin nur leer stehen. Wenn dann noch Bäume gepflanzt werden und der Verkehr auf eine Geschwindigkeit von 30 km/h reduziert wird, wäre das eine ganz neue Gumpendorferstraße mit deutlich mehr Lebensqualität. Dafür werden sich die Grünen einsetzen.

10. Zukunft der Mariahilferstraße als Fußgängerzone.
Wir sind für eine deutliche Reduzierung des Durchzugsverkehrs in Mariahilf und stehen der Frage FußgeherInnenzone Mariahilferstraße offen gegenüber. Aber, bevor jetzt Daumen mal Pi eine spektakuläre Maßnahme gesetzt wird, wäre etwa eine Computersimulation sinnvoll, um die Folgen besser abschätzen zu können. Gibt es dadurch in anderen Teilen des Bezirks mehr motorisierten Verkehr? Wird die Gumpendorferstraße dadurch zur großen Durchzugsachse? Eine Verdrängung nach dem Florianiprinzip darf dabei nicht herauskommen. Als Bezirkspolitikerin muss ich darauf achten, dass nicht die Konsumlust der WienerInnen die Lebensqualität in Mariahilf mindert. Ein erster Schritt könnte sein, 30km/h für die Gumpendorferstraße und Querungen unterbinden. Zwei Beispiele: Vom 5. Bezirk quert der Durchzugsverkehr durch die Stumpergasse rüber in den 7. Bezirk. Und vom 8. Bezirk kommt Durchzugsverkehr durch die Albertgasse in den 7. Bezirk in der Schottenfeldgasse und in den 6. durch die Webgasse. Würde man den Durchzugsverkehr durch die Webgasse und die Stumpergasse unterbinden, könnten sich viele Menschen über mehr Lebensqualität freuen. Dazu sollte es eine BürgerInnebeteiligung geben.

Konsumräume für Drogenkranke (eine Anmerkung zu Unterpunkt c) der siebten Frage: „Ganslwirt neu“ – Drogenberatungsstelle – SeniorInnenwohnhaus:
Es gibt mittlerweile sehr viele Konsumräume, in der Schweiz, in Holland, in Deutschland und Kanada, es existieren daher auch viele Evaluationen, und die Ergebnisse sind sehr zufriedenstellend, so dass aus rationalen Gründen alles dafür spricht Konsumräume einzurichten. Leider sind sie politisch derart umstritten, dass Wien sich nicht traut, diesen sinnvollen Schritt zu tun. Es wäre sozialmedizinisch sinnvoll, weil die Gefahr von Infektionkrankheiten und tödlichen Zwischenfällen gesenkt werden könnten. Es wäre sicherheitspolitisch ein richtiger Schritt, weil Konsumräume den öffentlichen Raum stark entlasten und es wäre therapeutisch intelligent, weil der harte Kern der HeroinkonsumentInnen erreicht werden könnte und man diese Menschen wieder in die Nähe von Beratung und Betreuung brächte. Die Grünen betrachten daher das Einrichten von Konsumräumen als eine mehrfach sinnvolle Angelegenheit. Als Anrainerin des Ganslwirts wäre ich hundertprozentig dafür!


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